Kambodscha, ein Ziel, welches eigentlich noch gar nicht so lange auf unserer Liste steht. Erst Anfang des Jahres trafen wir in Singapur einen angehenden Arzt, der gerade sein Praxisjahr im asiatischen Raum absolvierte und uns von Angkor Wat vorschwärmte. Er hat uns Angkor Wat dermaßen schmackhaft gemacht, dass wir uns die größte Tempelstätte der Welt natürlich nicht entgehen lassen wollten, wenn wir das nächste Mal in der Gegend sind. Der Zeitpunkt ist gekommen. Von Bangkok aus ist es nur ein Katzensprung ins benachbarte Siem Reap, das sich als Ausgangsbasis für die Tempel bestens eignet. Trotz eines überschaubaren Flughafens scheint die Ausstellung eines Visa-On-Arrival doch eine ziemlich langwierige Prozedur zu sein. Die Pässe wandern durch mindestens acht Hände, bevor der Einreise ins Königreich Kambodscha eingewilligt wird. Mit dem Stempel, der eine gesamte Seite im Reisepass beansprucht, geht es dann weiter durch die Passkontrolle. Nachdem wir unsere auf dem Laufband kreisenden Rucksäcke aufgeschnallt haben, nehmen wir uns ein TukTuk und lassen die ersten Eindrücke auf kambodschanischem Boden auf uns wirken. Die Landschaft wirkt noch sehr ursprünglich.

Leider häuft sich der Plastikmüll am Straßenrand. In diesem Moment geht uns der enorme Verpackungskonsum durch den Kopf. Bei uns zuhause und auch hier. Nur, dass sie hier wahrscheinlich mit der Entsorgung ein riesiges Problem haben. Ob ihnen das so bewusst ist? Anscheinend stören sie sich kaum daran. Für uns ein wirklich trauriger Anblick.
Hot Deal: Happy Hour until you’re drunk
Siem Reap ist ganz anders als erwartet. Es ist übersät von vielen modernen Hotels und einem schrillen Zentrum. In der legendären Pub Street gehts ordentlich ab. Die verschiedenen Bässe knallen im Wechsel über die Straße. Jeder Laden glänzt in seinem eigenen Charme und lockt mit einem anderen Happy Hour Special. In den Straßen rundherum geht es glücklicherweise deutlich ruhiger zu. Hier reihen sich die vielen schicken Restaurants aneinander und geben sich einen stillen kompetitiven Kampf um ihre Gäste. Wir werden weder blöd angesprochen, als wir gemütlich durch die Gasse schlendern, noch in die jeweiligen Restaurants gezogen, was zu oft der Fall in derartigen touristischen Zentren ist. Drei Abende in Folge lassen wir uns die lokalen kulinarischen Highlights in ein- und demselben Restaurant schmecken. Zur traditionellen Khmer Küche zählen das Amok im Bananenblatt mit Chicken und Schrimps, Beef Lok Lak, Fresh Spring Rolls, Green Mango Salad, Banana Flower Salad, Khmer Curry mit Chicken und Khmer Duck Curry. Dazu leckere Früchte-Shakes und kühles frisch gezapftes Bier. Yammi! Die Preise sind zu unserer Überraschung deutlich höher als zum Beispiel die in Thailand. Und der Fun Fact schlechthin: Gezahlt wird in US – Dollar. Auch die Bankautomaten spucken tatsächlich ausschließlich US-Dollars aus. Dabei gibt es doch eine landeseigene Währung in Kambodscha, der Riel!? Ja, die kommt auch manchmal zum Einsatz. Aber nur wenn es um die Penny Beträge geht. An der Kasse kommt dann ein Betrag wie zum Beispiel 20 Dollar und 2000 Riel zustande. Diese Mischwährung macht Kambodscha wahrscheinlich einzigartig.

Auf dem Nightmarket wird so ziemlich alles angeboten. Vom Fish Spa und Massagen bis zu Landes typischen Souvenirs, Kitsch und Kunsthandwerk, Kleider und Snacks. Gegrillte Schlangen am Spieß und Taranteln scheinen hier eine Delikatesse zu sein. Bereits beim Anblick macht unser Magen einen Salto rückwärts. Auf der Straße treffen wir auf Mr. Ice. Im Angebot hat er Ice Cream Rolls – auch Stir-Fried Ice Cream genannt. Dabei handelt es sich um frisch gemachte Eiscreme in Form zarter Röllchen. Und zwar wirklich frisch! Das Eis wird quasi direkt vor uns zubereitet. Und weil wir so interessiert schauen, bekommen wir doch prompt einen Crashkurs. Einen Augenblick später schnappt sich Daniel die zwei Spachteln, nimmt den Platz von Mr. Ice hinter dem Wagen ein und zerstückelt die Fruchtstücke in einem harten Staccato auf der gekühlten Plattform. Mr. Ice nickt zufrieden.

Der im Trend liegende Container Market nebenan bietet ebenso viele Theken und Live Musik. Das ursprünglich in Bangkok entstandene Konzept sind Bars in ehemaligen Schiffscontainern. Ziemlich cool, wie wir finden.

Angkor und seine Tempel
Und nun zur eigentlichen Hauptattraktion, die es sogar bis auf die Nationalflagge geschafft hat. Angkor ist eine Region, die zwischen dem 9. und 15. Jahrhundert das Zentrum des historischen Khmer-Königreiches war, wobei Angkor Wat (Wat = Tempel) lediglich eine von vielen, vor allem aber die größte und bekannteste Tempelanlage darstellt. Zwei komplette Tage lang lassen wir uns durch den Tempel Dschungel treiben und haben längst nicht alles gesehen. Wir sind überwältigt von diesem riesigen Areal. Neben der Größe sind wir von der beeindruckenden Baukunst mindestens genauso angetan. Jeder Stein, passend auf den anderen ergibt ein Meisterwerk der Superlative. Nicht umsonst zählt der überdimensionale Tempelkomplex zum UNESCO Welterbe. Was muss das für ein Imperium gewesen sein? Man muss wirklich hier gewesen sein, um sich auch nur ansatzweise vorstellen zu können, dass das historische Khmer Königreich ein Domizil für schätzungsweise eine Million Menschen war oder mit anderen Worten zu seiner Zeit die größte Stadt der Welt! Der Untergang vor etwa 600 Jahren ist bis heute nicht vollständig geklärt. Es gibt gewisse Theorien hinsichtlich Kriegen zwischen rivalisierenden Königreichen oder dramatische Klimaschwankungen, die das ausgeklügelte Bewässerungssystem des Khmer Reiches zerstört haben könnten.

Viele Touristen rauschen im Eiltempo von Tempelanlage zu Tempelanlage und fühlen sich von den vielen Eindrücken ziemlich schnell gelangweilt, der sogenannte Übersättigungseffekt. Auch wir spüren, dass die Euphorie, die bei den ersten drei Tempeln kaum zu übertreffen war, langsam schwindet. Zudem die drückende Hitze, die uns zusätzlich zu schaffen macht. Da wir uns an einem heiligen Ort befinden, ist strenge Kleiderordnung Pflicht, d.h. Kleidung, die Schultern und Knie bedeckt. Wir schalten einen Gang zurück und bitten unseren TukTuk Fahrer auch mal den ein oder anderen Tempel auf der Strecke auszulassen. Wir finden, es geht weniger darum, jede einzelne Tempelstätte besichtigt zu haben. Ganz davon abgesehen, ist das in zwei Tagen schier unmöglich. Dieser Ort gewinnt an Magie, solange man über etwas Hintergrundwissen verfügt und sich in die damalige Zeit zurück versetzen kann. Die Zeitreise beginnt, sobald man die gigantischen Tore passiert. Prunkvolle Statuen von buddhistischen und hinduistischen Gottheiten und Wächtern schauen auf das heilige Areal. Viele dieser Statuen sind heute nur noch kopflos aufzufinden. Später erfahren wir, dass es Pol Pot, Diktator und Anführer der Roten Khmer, veranlasste, die Köpfe als Zeichen der Verachtung abzuschlagen. Unter anderem wahrscheinlich auch, um seine Macht zu demonstrieren. Dieser Ort ist geprägt von soviel Geschichte. Wir fühlen uns schnell leicht überfordert. In unseren Köpfen tun sich so viele Fragen auf. Allein die Vorstellung, wie prunkvoll diese Räumlichkeiten wohl ausgesehen haben müssen. Die vielen hübschen Reliefs, die noch ziemlich gut -für ihr Alter fast schon zu perfekt- erhalten sind, bringen Geschichten über Triumph und Götterkunde zum Ausdruck. All diese Details machen diesen Ort so eindrucksvoll. Um ehrlich zu sein, diese Magie geht bei den vielen Touristenscharen leider etwas verloren. Ganz egal, an welchem Tag man kommt. Hier ist immer etwas los. Das sollte im Vorab jedem bewusst sein.

Auf den Wegen zwischen den einzelnen Tempeln begegnen wir außerdem vielen Kindern, die uns Postkarten oder Snacks verkaufen möchten. Diese Kinder sind vielleicht maximal 5 Jahre jung. Die traurige Wahrheit ist, sie werden von ihren Müttern geschickt, um das Herz der Touristen erweichen zu lassen, um damit ein gutes Geschäft zu erzielen. Uns bricht es das Herz, nein sagen zu müssen. Auch wenn wir wissen, dass es diese Familien mehr als nötig haben, wollen wir diese Art von Geschäft nicht unterstützen. Der krasse Gegensatz vom damaligen Reichtum zum heutigen Kambodscha wird uns an dieser Stelle ganz besonders klar gemacht. Es zählt mittlerweile zu einem der ärmeren Länder auf der Welt. Auch wenn der Tourismus hier mittlerweile voll im Gange ist und die touristischen Zentren wie Siem Reap, Sihanoukville und Phnom Penh durch moderne Hotelkomplexe, hippe Bars und fancy Restaurants noch so glänzen, die Armut ist allgegenwärtig.