Der Bali Spirit liegt in der Luft. Schwer zu beschreiben, unweigerlich zu fühlen. Während man sich durch die Gassen von Ubud treiben und die Blicke schweifen lässt. In zufriedene Gesichter, das freundliche Lächeln im Vorbeigehen erwidert. Unser erster Eindruck von Bali ist überwältigend.
Das klassische balinesische Zuhause wird mit eigenem Haustempel, einer umlaufenden Mauer und einer prachtvollen Eingangstür gesäumt. Kleine geflochtene Schalen aus Palmenblättern sind vor jedem Eingang zu finden – als Ausdruck des Respektes und der Anerkennung ihrer Gottheiten.




Die irdische Ankunft der Götter
Die Straßen werden von 5m hohen Masten aus Bambus, Kokosblättern, Früchten und Blüten eingerahmt. Sie nennen sich Penjor, die uns in den ersten Tagen auf Bali besonders aufgefallen sind. Gerade in diesen Tagen ist die gesamte Bevölkerung rund um die Uhr damit beschäftigt, die vielen kunstvollen Dekorationen aus Bananenblättern und Blüten für das anstehende Fest herzurichten. Galungan, die Ankunft der Götter. So, wie es scheint, sind wir am richtigen Ort zur richtigen Zeit.


Galungan ist das bedeutendste Fest neben dem balinesischen Neujahr. Zehn Tage später kennzeichnet Kuningan den letzten Tag von Galungan, an dem der Kampf zwischen dem Guten und dem Bösen mithilfe der Gottheiten ausgetragen wurde.
Kreisrunde Ornamente (tamiang), symbolisch für ein Schild zum Schutze und der Verteidigung gegen das Böse und Flechtungen in Form einer Tasche (endongan), die Proviant für die Götter auf ihrer Rückkehr in den Himmel bereit halten, zieren den Privatbesitz. Alle 210 Tage – nach dem balinesischen Kalenderjahr – wird der Sieg des Guten gefeiert, um die Menschheit daran zu erinnern, dass es sich immer lohnt gegen das Böse anzukämpfen. Gegen schlechte Angewohnheiten. Unsittliches Verhalten. Bösartige Gelüste oder Verlangen. Wie auch immer.
Und dann liegen uns wieder diese hellen Klänge der traditionellen Musik in den Ohren. Eine Gruppe von Kindern kommt uns entgegen. Teilweise in einem Löwenkostüm, der andere Teil an den schrillen Musikinstrumenten. Gegen eine kleine Spende (und die solltest du geben) tanzt der sogenannte Barong und segnet das Haus sowie deine Familie.
Canggu – Surfer Lifestyle, Hipster and Foodlovers
Die frischen Säfte werden mit einem Bambusstrohhalm serviert. In noch so kleinen Läden werden wir beim Einkauf nach „Plastic bag?“ gefragt. Am Strand treffen wir auf eine Truppe in blauen Shirts mit der Aufschrift 4 Ocean. Eine „Ocean Cleanup“- Organisation mit dem Ziel die Ozeane von Plastikmüll zu befreien. Unser Eindruck? Hier hat das Umdenken bereits stattgefunden. Die Einheimischen entwickeln ein Gefühl von Umweltbewusstsein. Das unterscheidet Bali von den anderen Inseln Indonesiens. Im Vergleich zur relativ einfachen Speisekarte in den sogenannten Warungs (kleine lokale Restaurants), die eine begrenzte Auswahl an indonesischen Gerichten, meist Klassiker wie Nasi Goreng (gebratener Reis), Mie Goreng (gebratene Nudeln), Gado Gado (Gemüse in Erdnusssoße) mit Reis, Sate Ayam (Hähnchenspieße) mit Reis und Ikan Bakar (gegrillter Fisch) mit Reis bietet, verzaubert Bali mit seinen knallpinken Smoothies, die sofort gute Laune verbreiten, fruchtigen Frühstücksbowls zum Verlieben, Superfood Salaten und hausgemachten Burgern in sämtlichen Variationen – ob herzhaft, vegan oder glutenfrei. Mit anderen Worten: Eine wohltuende Abwechslung zu Reis morgens, mittags und abends der letzten Wochen.


Und welcher Ort würde sich nicht besser für ein derartiges Retreat anbieten als Canggu?! Ein überschaubares Küstenörtchen, das „mehr Hipster“ nicht sein könnte. Zwischen all den angesagten Bars und Restaurants, wo sich Foodies – wie wir – vor Reizüberflutung unmöglich retten können, bietet die Location einen Hotspot für den lässigen Surfer Lifestyle. Der dunkle Sandstrand ist mit seinen perfekt einlaufenden Wellen bei blutigen Anfängern sowie bei den Pro´s gleichermaßen beliebt. Es dauert nicht lange, bis auch Daniel sich – im wahrsten Sinne des Wortes – mitreißen lässt und sich für seine erste Surflesson in die Wellen stürzt. Noch ehe ich die Kamera ausgepackt habe, steht er auch schon auf dem Board, das von der Welle unglaublich schnell nach vorne beschleunigt wird und reißt stolz wie Oskar die Hände in die Luft. Whoop Whoop, na das kann sich sehen lassen! Kaum ist die Welle bis zum Ende gesurft, verschwindet er schon wieder zwischen mindestens 47 anderen Surfern paddelnd in der Menge, die gespannt auf ihre nächste Chance warten.


Ich dagegen lasse mich vom dem Spirit der Yogis inspirieren und belege noch am gleichen Tag einen Anfängerkurs im Hatha Yoga. Die Atmosphäre stimmt: die Trainerin ist super sympathisch und die Kulisse unglaublich schön. Unter einer kreisrunden Kuppel, die zu einer Seite hin offen ist, verrenke und verbiege ich mich auf der Matte als gäbe es keinen Morgen mehr. Zeitgleich konzentriere ich mich auf die Atmung und das Ommm zum richtigen Zeitpunkt. Die wahre Intensität dieser relativ einfachen Übungen verspüre ich weder im Moment noch beim Verlassen des Studios. Einen Tag später liegen wir beide völlig muskelverkatert im Bett. Jede noch so kleine Berührung ist zu viel. Aufstehen wäre selbstmörderisch. Ob es wohl klug war, für heute Abend einen Termin für eine kräftige Massage auszuhandeln? Ein ganz klares Autsch, wie sich später herausstellte.
Während wir uns anderen Aktivitäten im Moment sowieso nicht widmen können, schmieden wir Pläne für die nächsten Tage. Wie wäre es mit einem Rollertrip quer über die Insel? Ein paar Takte später und fest entschlossen: Klingt gut, machen wir.
Da wäre jedoch noch eine ganz andere Sache: Die Verlängerung unserer Visa ist fällig. Mit unserem erkauften Visa On Arrival, können wir unseren Aufenthalt in Indonesien ohne Ausreise für weitere 30 Tage verlängern. Dazu sind in der Regel mehrere Amtsgänge notwendig. Ganz ehrlich, wir haben weder Geduld noch die Muse, um uns mit bürokratischen Dingen unnötig rumzuärgern und möchten lieber mehr Zeit damit verbringen, all die tollen Orte auf dieser Insel kennen zu lernen. Außerdem befindet sich das dafür zuständige Immigrationsbüro im geschäftigen Süden von Bali und wir haben wenig Lust uns jedesmal durch den Verkehr quälen zu müssen – geschweige denn ständig auf Abruf zu sein. No Problem! Wir wären ja nicht in Indonesien, wenn derartige Dienste nicht angeboten werden würden. Die Rede ist von Einheimischen, die gegen Bezahlung an dieser Stelle vermitteln und sich um die Angelegenheit mit dem Visum kümmern. Auf Empfehlung von unserer Gastgeberin Dany engagieren wir einen sogenannten Agenten. Nur einmal müssten wir im immigration office persönlich vorbeischauen, um Fotos machen und Fingerabdrücke von uns nehmen zu lassen – ganz ohne Wartezeit wird uns versprochen. Der Termin würde uns in den kommenden Tagen mitgeteilt werden. Nach ständigem hin und her lassen wir uns auf den Deal ein und geben unsere Pässe aus der Hand.
Dann machen wir uns startklar für unsere Tour durch Bali. Eingepackt wird nur das Nötigste. Der Rest bleibt bei Dany.
